Eine Story, die fasziniert

Fressnapf, Verwaltungs- und Logistikzentrale
Die Verwaltungs- und Logistikzentrale von Fressnapf.
30.04.2015
Jeder Marketingexperte weiß: Mit dem Erzählen von Geschichten rund um die Firma kann man echte Aufmerksamkeit erwecken. Fressnapf hat eine solche Geschichte, eine sehr gute sogar.

Fressnapf-Chef Torsten Toeller hat sie sicherlich schon mehrere hundert Mal erzählt, und dennoch klingt sie immer wieder faszinierend: die Geschichte eines jungen Handelsbetriebswirts, den sein Arbeitgeber, die Markant, in die USA schickt, um sich die großen Tierfachmärkte wie PetSmart anzuschauen. Diese Reise prägte das weitere Leben des jungen Torsten Toeller wie keine zweite. Ihm war klar, ein solches Konzept muss auch in Deutschland eingeführt werden. Sein Chef bremste ihn unsanft: "Das kommt überhaupt nicht in Frage." 

Startprobleme

Für Torsten Toeller war das Thema damit jedoch nicht erledigt. Er kündigte und machte sich voller Tatendrang an die Umsetzung seiner Vision. Seine Eltern unterstützten ihn mit Rat und Tat und mit einem Darlehen in Höhe von 50.000 D-Mark. Am 18. Januar 1999 wurde schließlich der erste Fressnapf-Markt in Erkelenz eröffnet. 
Ein Erfolg? Fehlanzeige! Nach einem Jahr war der damals 24-Jährige fast pleite und musste sogar sein Auto verkaufen, wie er gerne erzählt. Zu diesem Zeitpunkt zeigte sich jedoch wieder mal eine der Hauptstärken von Torsten Toeller: nicht aufzugeben, wenn's mal nicht rund läuft, sondern die Lage kritisch zu analysieren und aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. 
Torsten Toeller erweiterte in seinen Märkten das Sortiment erheblich und senkte radikal die Preise. Der Fachhandel und viele in der Industrie lachten und beschimpften sein System als "Aldi der Heimtierbranche". Auch als Fressnapf schon ca. 50 Märkte eröffnet hatte, ließ der Spott nicht nach. "Im Ruhrpott mag Fressnapf ja Erfolg haben, aber nicht bei uns. Hier herrscht ein ganz anderes Kaufverhalten", war der allgemeine Tenor in Süddeutschland, in Österreich und später auch in anderen Ländern. Alle sollten sich täuschen.

Wendepunkt 1999

Trotzdem war der Erfolgsweg von Fressnapf nicht geradlinig oder frei von Hürden und Stolpersteinen. 1999 war so ein Jahr, auf dem alles auf der Kippe stand. Die Fachhandelskette hatte gerade die Wewo-Gruppe als Franchisenehmer gewonnen, und Torsten Toeller plante, mit seiner Zentrale von Willich nach Krefeld umzuziehen. Doch für den Bau eines neuen Verwaltungs- und Logistikzentrums benötigte der Unternehmer weit über 20 Mio. D-Mark, und die Verhandlungen mit den Banken waren mühsam. Dass es Torsten Toeller damals gelungen ist, die nötigen Kredite zu bekommen, stellte einen wichtigen Markenstein in der Unternehmensgeschichte dar. Von da an gewann die Expansion von Fressnapf immer rasanter an Tempo. Zudem war die Anziehungskraft der Fachhandelskette für neue Partner inzwischen so groß, dass selbst Vorzeigeunternehmen wie Kölle Zoo, Welke und Bangel zur Fressnapf-Gruppe wechselten. Dadurch wurde nicht nur der Wettbewerb im Fachhandel deutlich geschwächt. Die Kompetenz, die Fressnapf durch die Aufnahme erfahrener Fachhandelsunternehmen hinzugewonnen hat, trug zu einer weiteren Stärkung des Systems bei.

Neue Herausforderung

Heute erwirtschaftet Fressnapf über die Hälfte des deutschen Fachhandelsumsatzes, engagiert sich in zwölf Ländern und ist unbestritten Europas führende Fachhandelskette. Längst ist Fressnapf keine One-Man-Show mehr. Im Laufe der Jahre hat sich eine Führungs-Crew entwickelt, auf die sich der Chef verlassen kann. Seitdem Torsten Toeller das Getränke­handelsunternehmen Trinkgut, das er von seinem verstorbenen Schwiegervater Udo Täubrich übernommen hatte, an die Edeka-Rhein-Ruhr verkauft hat, widmet er sich wieder voll und ganz Fressnapf - und das kann man spüren. 
Die neue Herausforderung für das Unternehmen stellt nicht mehr der Lebensmittelhandel dar, der in den vergangenen Jahren eher Marktanteile abgeben musste, sondern das Internet, das auch in der Heimtierbranche schneller wächst als der stationäre Handel. Torsten Toeller will Fressnapf zu einem Cross-Channel-Unternehmen umbauen und hat mit der Challenge 2020 einen Plan erarbeitet, wie das angepackt werden soll. Kein leichtes Unterfangen, und mancher Mitarbeiter, der das immer rasanter werdende Veränderungstempo in der Krefelder Zentrale nicht mehr mitmachen wollte, stieg aus. Doch vieles spricht auch dafür, dass mit der technischen Umgestaltung des Unternehmens die Weichen in die richtige Richtung gestellt wurden. Die kommenden Jahre werden es zeigen. 
Fressnapf
Der Erfolgsweg von Fressnapf war steinig und nicht immer frei von Komplikationen.
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