Universitätsuntersuchung

Erfolg und Ethik für Lieferketten schließen sich nicht aus

Komplette Lieferketten müssen inzwischen rückverfolgbar sein.(Quelle: Pixabay, Markus Kammermann)
Komplette Lieferketten müssen inzwischen rückverfolgbar sein.
11.08.2025

Schaden neue Gesetze zur Sorgfaltspflicht gegenüber Zulieferern der Wirtschaft, wie Wirtschaftskreise zuweilen behaupten? Zwei Forschende der Universitäten Zürich und Glasgow haben Firmendaten von über 11.000 französischen Unternehmen untersucht und keine langfristigen ökonomischen Nachteile für betroffene Betriebe gefunden.

Internationale NGOs fordern von den Unternehmen, ihre Lieferketten in Bezug auf die Menschenrechte und Umweltstandards zu überprüfen. Nur so kann sichergestellt werden, dass Zulieferbetriebe keine Kinder- oder Zwangsarbeit dulden, keine Umweltsünden begehen oder es mit der Sicherheit ihrer Mitarbeitenden nicht so genau nehmen. Europäische Länder wie Frankreich oder Deutschland haben daher die unternehmerische Sorgfaltspflicht bei Lieferketten rechtlich geregelt. Die EU verabschiedete im Jahr 2024 eine Richtlinie dazu.

Diese Gesetze zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht stehen regelmäßig in der Kritik, sie seien mit übermäßiger Bürokratie und hohen Kosten verbunden, heißt es.

Ob sie den Unternehmen wirklich schaden, haben Christoph Steinert, Postdoc an der Universität Zürich, und Bernhard Reinsberg von der Universität Glasgow in ihrer Studie zum französischen Lieferkettengesetz von 2017 untersucht. Es ist demnach das einzige derartige Gesetz, das lange genug in Kraft ist, dass daran langfristige Effekte analysiert werden können. Von den Vorgaben betroffen sind alle französischen Unternehmen samt Tochtergesellschaften mit über 5.000 Angestellten sowie solche mit über 10.000 Angestellten, die ihren Hauptsitz in Frankreich oder im Ausland haben. Sie müssen in ihrer Geschäftspraxis einen Sorgfaltsplan verankert haben, der sämtliche Aktivitäten der Firma inklusive Subunternehmen und Zulieferer in Bezug auf Menschenrechte, Gesundheit, Sicherheit und Umwelt regelt.

Die statistischen Analysen der Daten der mehr als 11.000 französischen Firmen zeigen, dass das Lieferkettengesetz keine negativen Auswirkungen auf Gewinn und Umsatz der Unternehmen hatte. „Die vom Gesetz betroffenen Unternehmen haben im Durchschnitt genauso häufig Profite erzielt, wie solche, die keine unternehmerische Sorgfaltspflicht einführen mussten“, erklärt Christoph Steinert vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Zürich. Einzig in der Phase vor dem Inkrafttreten des Gesetzes seien zum Teil höhere Unternehmenskosten erkennbar gewesen, weil gewisse Anpassungen gemacht werden mussten.

Weiter zeigen die Forschenden auf, dass das nationale Lieferkettengesetz die französischen Unternehmen nicht davon abhält, sich zusätzlich freiwilligen Initiativen wie der UN Global Compact anzuschließen. Insgesamt widersprechen diese wissenschaftlichen Erkenntnisse dem Narrativ der Wirtschaftslobby, wonach Gesetze zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten zwangsläufig wirtschaftlich schädlich seien. „So hat etwa auch der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz die baldige Abschaffung des deutschen und des europäischen Lieferkettengesetzes angekündigt“, hält Steinert fest. Das Beispiel des französischen Gesetzes zeige jedoch, dass es möglich sei, wirtschaftlichen Erfolg mit dem Schutz grundlegender Menschenrechte und Umweltstandards zu vereinen.

Die komplette Studie ist online hier zu finden.

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