Aquatop in Würselen
Bei Aquatop in Würselen besticht schon das Ambiente des Marktes.

Analyse

Die Aquaristik boomt wieder

Nicht nur die Bereiche Hund und Katze haben sich in Corona-Zeiten gut entwickelt. Eine positive Entwicklung verzeichnet  derzeit auch die Süßwasser- und die Meerwasseraquaristik.

Kein normaler Büroalltag, keine Reisen, kein Besuch von Kultur- oder Sportveranstaltungen und keine Treffen mit Freunden und Bekannten: Viele Menschen waren in der Pandemie auf sich allein und ihren engsten Familienkreis gestellt. Hobbys für Zuhause wie Heimwerken und Gärtnern hatten da Hochkonjunktur. Auch Heimtiere waren gefragter denn je, längst nicht nur Hunde und Katzen, sondern auch die vor Jahren schon totgesagte Aquaristik feierte in Corona-Zeiten wieder eine Renaissance. Kölle Zoo berichtet von einem enormen Umsatzplus, das während der Corona-Zeit in seinen Erlebnismärkten in manchen Warengruppen bis zu 70 Prozent betragen habe. Bei der Zoofachhandelskette habe sich die Süßwasser- besser als die Meerwasseraquaristik entwickelt, erklärt Geschäftsführer Ramin Danaei. Umgekehrt verhielt es sich bei Zoo Zajac, wo zwar der Umsatz in beiden Abteilungen um mehr als 20 Prozent gewachsen sei, sich allerdings unter dem Strich die Meerwasseraquaristik im Vergleich zur Süßwasseraquaristik noch deutlich besser entwickelt habe, betont Geschäftsführer Norbert Zajac. Auch bei Aquatop sei die Aquaristik im vorigen Jahr und im ersten Halbjahr 2021 um ein Vielfaches stärker gewachsen als in den Jahren zuvor, sagt Geschäftsführer Jürgen Grohs. Bei Süßwasser habe die Wachstumsrate 20 Prozent überschritten, der Bereich Meerwasser sei erst ab der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres deutlich zweistellig gewachsen.

Jürgen Grohs (Aquatop)
Jürgen Grohs (Aquatop), 
Norbert Zajac (Zoo Zajac)
Norbert Zajac (Zoo Zajac)
Ramin  Danaei (Kölle Zoo) 
Ramin  Danaei (Kölle Zoo) 

Viele Neukunden

Wer sind die „neuen“ Aquarianer? Nach Altersklassen oder gar sozialen Gesellschaftsschichten lassen sie sich nur sehr schwer einordnen. Auf jeden Fall waren darunter viele Jugendliche, die möglicherweise im Internet, in Zeitschriften und Büchern oder im Gespräch mit Freunden auf die Zierfischhaltung gestoßen sind und es cool fanden, sich ein eigenes Aquarium anzuschaffen. Das meint man auch bei Zoo Zajac. „Der größte Teil der Neueinsteiger bestand aus begeisterten Kindern und jugendlichen Aquarianern“, betont Zajac. Bei Kölle Zoo zog sich das Interesse an der Aquaristik durch alle Alters- und Gesellschaftsschichten. „Die Bandbreite reicht von Kindern, die sich begeistern, Jugendlichen und jungen Menschen, die neu beginnen oder schon Jahre dabei sind, bis zu echten Aquarianer-Urgesteinen gehobenen Alters und Geschäftsleuten, die es zuhause einfach nur schön haben möchten“, erklärt Danaei. Die Lust auf das neue Hobby Aquaristik konnte Aquatop über alle Altersgruppen hinweg feststellen, so Grohs. Zudem suchten einige Süßwasseraquarianer während der Pandemie-Zeit neue Herausforderungen, indem sie ihr Aquarium auf Meerwasser umrüsteten, um so die ersten Erfahrungen in diesem Bereich zu sammeln.

Kölle Zoo
Kölle Zoo legt in seinen Erlebnismärkten besonderen Wert auf eine optimale Präsentation der Aquarienanlagen und der Schaubecken.

„Industrie wie eingeschlafen“

„Momentan wirken die Hersteller in der Aquaristik wie eingeschlafen, was Innovationen bei Neuheiten betrifft“, kritisiert Norbert Zajac. Gefragt nach tollen Produktinnovationen, die in der Pandemie-Zeit auf den Markt gekommen wären, antwortet der Branchenexperte trocken: „In unseren Augen gibt es keine Hersteller, die sich intensiv mit Produktinnovationen für die Aquaristik beschäftigt haben.“  

Jürgen Grohs vermisst von der Industrie Unterstützung für die Förderung der Süß- und Meerwasseraquaristik. „Die Aufgabe, Lust auf die Aquaristik zu machen, wird zu sehr dem Handel überlassen“, kritisiert er. Auch bei Aktivitäten in den sozialen Netzwerken wünscht sich der Aquatop-Chef mehr Elan von den Lieferanten in der Aquaristik. Manche Hersteller würden sich auf die Zusammenarbeit mit Youtubern fokussieren. Diese Kooperation funktioniere zwar gut, aber: „Leider spricht das nicht zahlungskräftige Kundschaft an“, bemängelt Grohs.

Wie können die vielen neuen und wieder erwachten Aquarianer nun begeistert und auf Dauer für das Hobby Zierfischhaltung gewonnen werden? Viel hängt von der Beratungsleistung des Zoofachhandels ab. Wenn die Kunden mit der Technik und der Pflege ihres Aquariums alleingelassen werden, ist es nicht verwunderlich, dass sie bei den ersten auftauchenden Problemen frustriert werden und ihr Hobby schon nach kurzer Zeit wieder aufgeben. Das wäre schade, denn Aussteiger lassen sich so schnell nicht wieder als Kunden gewinnen. Damit dieser Fall gar nicht erst eintritt, lassen sich manche Zoofachhändler beim Kundenservice einiges einfallen. 

Aquatop-Chef Grohs erzählt, dass in seinem Betrieb die Kommunikation mit Kunden der Meeraquaristik sogar über Whats App stattfindet, um eventuelle Schwierigkeiten beim Einrichten oder mit der Technik schnell und zügig aus der Welt zu schaffen. Und noch etwas ist vorbildlich bei Aquatop: „UnsereMitarbeiter absolvieren regelmäßige Schulungen in Zusammenarbeit mit Lieferanten und über eine durch uns zusammengestellte Youtube-Videodatei. Unsere Mitarbeiter haben zudem in ihrem wöchentlichen Arbeitsplan feste Zeiten, in denen Weiterbildung wahrgenommen und anschließend dokumentiert werden muss. Nur so können neue Erkenntnisse an den Verkäufer weitergegeben und Trends bereits früh ausgemacht werden“, beschreibt Grohs. Großen Wert auf eine fachgerechte und individuelle Beratung der Kunden legt auch Zoo-Zajac.

Wir legen Wert auf langlebige Produkte für unsere Kunden.
Norbert Zajac (Zoo Zajac)

Und auf noch etwas weist das Unternehmen hin: „Wir sehen davon ab, billige Einsteigeraquarien zu vermitteln. Wir legen mehr Wert auf langlebige Produkte für unsere Kunden“, so Zajac. Bei Kölle Zoo will man die Kunden immer wieder überraschen und setzt deshalb auf eine optimale, kreative Präsentation der Verkaufsblöcke und Schaubecken sowie der dazugehörigen Sortimente in den Kölle-Zoo-Erlebnismärkten. „Aus diesem Grund haben wir im vergangenen Jahr Aquaristik-Meisterschaften veranstaltet, mit denen wir den kreativen Ehrgeiz bei unseren Teams geweckt und belohnt haben“, so Danaei. 

Zoo Zajac 
Zoo Zajac ist eine beliebte Anlaufstelle für Aquarianer aus der  ganzen Welt. 

Probleme bei Fischimporten

Trotz oder vielleicht gerade wegen der verstärkten Kundennachfrage hatte der Zoofachhandel in der Pandemie bisher alle Hände voll zu tun, um auch immer Zierfische parat zu haben und die Bedürfnisse ihrer Kunden schnellstmöglich zu befriedigen. Bei Süßwasserfischen, wo im Zoofachhandel überwiegend auf Nachzuchten zurückgegriffen wird, war das ohne Weiteres machbar, sind sich die drei befragten Zoofachhändler einig. Schwieriger gestaltete sich die ständige Versorgung mit Fischen und anderen Tieren in der Meerwasseraquaristik, betonen sie unisono. Vor allem Importe aus den Philippinen und aus Indonesien trafen oft nicht oder unpünktlich ein. Als Grund dafür nennt Zajac Flüge, die gecancelt wurden, und geschlossene Fangstationen.  

Aquatop hat es sich auf die Fahnen geschrieben, das Angebot an Nachzuchten künftig weiter auszubauen. Schon jetzt arbeitet das Unternehmen mit mehreren regionalen Züchtern zusammen. Im Zuge des geplanten Umbaus des Aquatop-Markts in Würselen ist eine eigene Korallennachzuchtanlage geplant.

Zur Startseite
Mehr zum Thema
Lesen Sie auch