Kommentar

Großes Rätselraten um Fressnapf

In der Industrie herrscht vielfach Unverständnis über den Deal zwischen Fressnapf und Cinven.
In der Industrie herrscht vielfach Unverständnis über den Deal zwischen Fressnapf und Cinven.
02.07.2021

Der überraschende Erwerb der ca. 120 Maxi-Zoo-Märkte in Italien durch den Investor Cinven und die künftige Minderheitsbeteiligung der Fressnapf-Gruppe an der Arcaplanet-Gruppe hat bei vielen Lieferanten von Fressnapf Verwunderung, aber auch Sorgen über die weitere Strategie der Krefelder Unternehmensgruppe ausgelöst. Dies ergaben Hintergrundgespräche der pet-Redaktion mit verschiedenen Industrieunternehmen. "Oh Mamma mia!", rufen Tiernahrungs- und Zubehörhersteller in seltener Einmütigkeit. Und der Vertriebsleiter eines Unternehmens spricht ganz offen aus, was einige Kollegen nur denken: "Ich habe das nicht kapiert." Auf Italienisch: Non capito! Fressnapf soll, Gerüchten zufolge, in jüngster Zeit stark an einer kompletten Übernahme der führenden italienischen Fachhandelskette Arcaplanet interessiert gewesen sei. Wieso dieser Deal nicht zustande kam, ist ebenso wenig bekannt wie die Gründe, weshalb Europas führende Fachhandelskette jetzt völlig überraschend seine Maxi-Zoo-Märkte in Italien abgab und sich zu einer Minderheitsbeteiligung an der Arcaplanet-Gruppe entschlossen hat. Bei allen Lieferantengesprächen der letzten Jahre habe Fressnapf betont, dass die Expansion im stationären Handel in Europa auch künftig weitergehen soll. "Das ist nun eine Zäsur in der Fressnapf-Strategie", sagt der Geschäftsführer eines führenden Industrieunternehmens gegenüber pet. Der Chef eines anderen renommierten Tiernahrungsherstellers mahnt zur Besonnenheit und rechnet damit, dass Fressnapf die italienische Fachhandelskette Arcaplanet durch die Hintertür oder schrittweise früher oder später doch noch übernehmen wird. Ein Anfang könnte sein, dass Fressnapf zwar künftig in Italien nicht mehr mit eigenen Märkten vertreten ist, dafür aber seine Exklusivmarken künftig direkt an Arcaplanet vertreiben wird. Der italienische Kooperationspartner könnte dadurch in Anhängigkeit von Fressnapf geraten und wäre früher oder später ein Übernahmekandidat. Vielleicht, vielleicht auch nicht! Es sind noch mehr Theorien im Umlauf! Ein Industrievertreter meint etwa, Fressnapf habe sich zu dem Deal mit Cinven entschlossen, weil man zur Einsicht gekommen sei, in Italien trotz positiver Entwicklung auch mittel- bis langfristig nicht die Nummer 1 im italienischen Fachhandel werden zu können. Oder hatten vielleicht Recherchen im Vorfeld ergeben, dass eine Übernahme von Arcaplanet durch Fressnapf vom Kartellamt vermutlich abgelehnt würde? So glaubt ein anderer Branchenkenner aus der Industrie. Torsten Toeller ist clever und kennt im Geschäftsleben alle Tricks. Er wäre den Deal mit Cinven wohl nicht eingegangen, wenn er darin nicht Vorteile für sich und sein Unternehmen erkannt hätte. Man darf gespannt sein, worin diese Vorteile liegen sollen. "Quo vadis, Fressnapf?", würde der Lateiner fragen. Vielleicht trägt Fressnapf schon bald selbst seinen Teil zur Geheimnislüftung bei, indem es seine Strategie kommunizieren wird. Dadurch würde die losgetretene Spekulationswelle schnell wieder eingedämmt werden und den Ruf von Fressnapf als zuverlässiger und berechenbarer Geschäftspartner bestätigen.
 
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