Ein Teil des Zoofachhandels gibt sich große Mühe, die Abteilung  mit Produkten für heimische Wildtiere so attraktiv zu präsentieren, dass die Kunden dort einkaufen.
Ein Teil des Zoofachhandels gibt sich große Mühe, die Abteilung  mit Produkten für heimische Wildtiere so attraktiv zu präsentieren, dass die Kunden dort einkaufen.

Analyse

Eine Erfolgsgeschichte für den Fachhandel

Vor einigen Jahren von manchen Branchenakteuren noch milde belächelt, hat die Umsatzrelevanz von Produkten für heimische Wildtiere in Corona-Zeiten nochmals enorm zugelegt. Vor allem der Zoofachhandel profitiert davon.

Am treffendsten bringt Steven Sagrodnik, Geschäftsführer der Firma Welzhofer, die aktuelle Entwicklung auf den Punkt: „Die Inszenierungs- und Beratungsstärke unserer Zoofachhandelspartner hat das Thema Ganzjahresfütterung in nur wenigen Jahren zu einem echten Erfolg geführt.“ Beeindruckend ist vor allem, dass es seinem Unternehmen im vorigen Jahr gelungen sei, in der so genannten Nebensaison im Frühling und Sommer die Hälfte seiner Gesamtumsätze zu realisieren. Die Umsätze mit Produkten für Wildvögel und andere Wildtiere wie Igel und Eichhörnchen seien bei allen Fachhändlern gewachsen – egal, ob sie die Welzhofer-Produkte seit zwei, drei oder bereits seit zehn Jahren vertreiben, so Sagrodnik.

Während das auf den stationären Fachhandel ausgerichtete Konzept nach Auffassung des Welzhofer-Geschäftsführers weiterhin aktuell ist, bezeichnet er die Onlineumsätze mit der Marke „Welzhofer“ als vergleichsweise wenig relevant. Anders sehe es allerdings bei der Marke „Donath“ aus, die zwar eine deutlich geringere Distributionsdichte habe, aber den Turn­around schon im zweiten Jahr nach der Übernahme geschafft habe.

Trends am Markt

Im Trend sieht Sagrodnik hochwertige Mischungen und Knödel sowie immer größere Gebinde. „Wer einmal das Hobby Wintervogel begonnen hat, benötigt schon bald keine 1-kg-Gebinde mehr“, sagt der Welzhofer-Geschäftsführer.

Versele Laga hat im Vorjahr seinen Umsatz mit Produkten für Wildvögel, die unter der Marke „Nature Menu“ vertrieben werden, um 20 Prozent gesteigert, erklärt Celien Caveye, im Unternehmen Produktmanagerin für den Bereich Hobbyfarming und Wildvögel. Der Umsatz im Onlinehandel sei dabei zweimal so stark wie im stationären Handel gewachsen. Auch bei Versele Laga sei der Trend beobachtbar, dass die Umsätze mit Wildvogelfutter sich immer gleichmäßiger über das gesamte Jahr verteilen und keineswegs nur auf die Wintersaison beschränkt bleiben. Gut angekommen seien bei den Kunden vor allem Meisenknödel ohne Netz, was für ein verstärktes Verbraucherbewusstsein für die Vermeidung von Müll spreche. Einen weiteren Trend sieht Caveye in einer verstärkten Nachfrage nach hochwertigen Produkten mit gesunden Futterbestandteilen, einer hohen Akzeptanz und einer Vielfalt an verschiedenen Geschmacksrichtungen. Versele Laga legt Wert darauf, nicht nur Produkte zu verkaufen, sondern in Form einer Welcome Home Natur Community seine Kunden auch regelmäßig über die Bedürfnisse der Wildvögel aufzuklären und mit Tipps zu helfen.

Dr. Martina Bergmann (Claus),  äußert sich zum Marktgeschehen und spricht von Trends und Herausforderungen.
Dr. Martina Bergmann (Claus),  äußert sich zum Marktgeschehen und spricht von Trends und Herausforderungen.
Steven Sagrodnik (Welzhofer)äußert sich zum Marktgeschehen und spricht von Trends und Herausforderungen.
Steven Sagrodnik (Welzhofer)äußert sich zum Marktgeschehen und spricht von Trends und Herausforderungen.
Celien Caveye (Versele Laga)  äußert sich zum Marktgeschehen und spricht von Trends und Herausforderungen.
Celien Caveye (Versele Laga)  äußert sich zum Marktgeschehen und spricht von Trends und Herausforderungen.

Dr. Martina Bergmann, Leiterin Marketing und Vertrieb bei Claus, sieht ebenfalls einen Trend zu qualitativ hochwertigen, gesunden und innovativen Premium-Pro­dukten – eine Entwicklung, die ihrer Firma zugutekomme, da Claus ausschließlich reines Naturfutter ohne Zusätze und mit Ökostrom hergestellt im Sortiment führe. Ihrer Meinung nach spielen gesundheitliche Aspekte wie zuckerfrei, getreidefrei oder laktosefrei eine wachsende Rolle, ebenso alter­native, nicht fleischliche Proteinquellen. Vermehrt spiele, so Bergmann, vor allem bei der Fütterung von Eichhörnchen und Igeln die Frage nach möglichen Allergenen eine Rolle. Claus hat dazu ein neues getreidefreies Igelfutter auf den Markt gebracht.  

Neben einem verstärkten Fokus auf die Zusammensetzung der Futtermittel sieht die Managerin den Verbraucherwunsch, möglichst Verpackungsmaterial zu vermeiden, als einen weiteren Trend.

Wenige Neuheiten

Was Neuheiten für dieses Jahr betrifft, setzt Versele Laga vor allem auf Meisenknödel ohne Netz und in einer recycelbaren Verpackung. Das gilt sowohl für Standardknödel als auch für die so genannten „Gourmet Balls“, die mit Beeren, Insekten oder Erdnüssen und Sonnenblumenkernen angereichert sind und in drei Geschmacksrichtungen erhältlich sind. Bei Claus ist eine eigens entwickelte Igelmilch zur Handaufzucht verwaister Igel­babys neu im Sortiment. Dieses Produkt sei Claus von Wildstationen sehr ans Herz gelegt worden, da es eine echte Marktlücke darstelle. Darüber hinaus arbeite Claus an neuen umweltfreundlichen Verpackungslösungen: an einer Reduzierung von Kunststoffen, an Recylingverpackungen und an Monomaterialien statt Verbundmaterialien. Keine einfache Aufgabe bei den sehr fetthaltigen Freifuttermischungen, gibt Bergmann zu bedenken. Einige Produkte wie etwa die „Igel-Paté“ werden in Glasbehälter abgefüllt. Ähnlich wie Claus verweist auch die Firma Welzhofer darauf, dass das bestehende Sortiment sehr gut ausbalanciert und ausgereift sei, so dass im Moment keine Neuheiten geplant seien. „Wir wollen nicht aus Prinzip die hundertste Knödelvariante auf den Markt bringen, denn am Ende müssen wir auch an unsere Fachhändler denken, die nur einen begrenzten Platz zur Verfügung haben“, sagt Sagrodnik.

(Quelle: IVH/ZZF)

Gestörte Lieferketten

Wie in der gesamten Heimtierbranche stellten auch für Hersteller von Produkten für heimische Wildtiere die seit Monaten festzustellenden Störungen der Lieferketten eine große Herausforderung dar. „Während bei Kunststoff und Papier trotz sehr langer Lieferzeiten mittlerweile eine gewisse Planbarkeit erreicht ist, müssen wir uns bei den Rohstoffen ständig auf neue Situationen einstellen“, sagt Bergmann. Erschwerend komme hinzu, dass eine höhere Bevorratung bei naturbelassenen Rohstoffen wegen der begrenzten Haltbarkeit nur bedingt möglich sei. Dennoch betont sie, dass Claus seine Lagerbestände mittlerweile kräftig hochgefahren habe, was allerdings weitere Kosten verursache. „Die Preise werden wir anpassen müssen“, sagt Bergmann. Sie könne allerdings wegen der derzeitigen Unsicherheiten weder etwas über die Höhe des Preisanstiegs sagen noch, wie lange die neuen Preise Gültigkeit haben werden.

Konkreter fällt die Auskunft von Versele Laga aus: Gerechnet wird mit einer Preiserhöhung von ca.10 Prozent in der Kategorie Wildvögel. Fetthaltige Produkte, so schätzt Caveye, dürften etwas darüber liegen, Mixprodukte darunter.

Bei den Rohstoffen müssen wir uns ständig auf neue Situationen einstellen. 
Dr. Martina Bergmann, Leiterin Marketing und Vertrieb Claus

Die Entscheidung, ob es eine Preiserhöhung geben wird, will Welzhofer „so spät wie möglich treffen“, so Sagrodnik. Wie seine Berufskollegen weist er darauf hin, dass höhere Kosten nicht nur bei den Rohstoffen, sondern auch bei Verpackungsmaterialien und der Logistik anfallen. „Ab einem gewissen Punkt sind Preisreaktionen unvermeidbar.“ Was die Engpässe bei Rohwaren betrifft, weist der Welzhofer-Geschäftsführer darauf hin, dass sein Unternehmen schon seit Jahren versuche, so lokal wie möglich Rohstoffe zu bestellen. Aufgrund des Wachstums von Welzhofer werde dies aber zunehmend schwieriger und teurer.

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