Im Lebensmittelinstitut KIN in Neumünster fand der nunmehr zweite Roundtable Petfood statt. 
Im Lebensmittelinstitut KIN in Neumünster fand der nunmehr zweite Roundtable Petfood statt. 

Roundtable Petfood

Eine Branche im Wandel

Beim Roundtable Petfood des Lebensmittelinstituts KIN in Neumünster ging es um aktuelle und Zukunftsthemen der Heimtiernahrungsbranche.

Zum zweiten Mal fand dieser zweitägige Branchentreffpunkt nun statt und wiederum gab’s viel Neues zu hören aus der vielfältigen und durchaus ereignisreichen Welt der Futtermittel für Heimtiere, die in den zurückliegenden Jahren viele Herausforderungen wie etwa die Corona-Pandemie, hohe Inflationsraten, Rohstoffknappheit und Probleme in den Lieferketten bewältigen musste. In den Vorträgen ging es um neue Technologien, um gesetzliche Änderungen, um Verpackungsmittel und immer wieder um den Megatrend Nachhaltigkeit und seine Auswirkungen auf die Petfood-Industrie. Bewusst wurden im Programm ausreichend Kommunikationspausen für Diskussionen und Networking angeboten. 

Roundtable Petfood
Diskussionen und Fachgespräche kamen in den Kongresspausen nicht zu kurz. Einige Heimtiernahrungsfirmen präsentierten sich auch mit eigenen Ständen.

Cradle-to-Cradle

Vor dem Hintergrund schwieriger Marktbedingungen, die erwarten lassen, dass das Wachstum künftig nicht mehr so hoch sein wird, wünschte sich KIN-Leiter Christian Wiechmann in seiner Begrüßung, dass die Akteure der Heimtiernahrungsbranche („eine coole Branche“) auch künftig so freundlich wie bisher miteinander kommunizieren werden. Dass dem nach wie vor so ist, zeigte sich an den durchaus positiven Reaktionen der Kongressteilnehmer auf den provokanten, lebhaften und aufrüttelnden Eingangsvortrag von Prof. Dr. Michael Braungart, Chemiker, Verfahrenstechniker, Buchautor und Professor für Eco-Design an der Leuphana-Universität in Lüneburg. Bekannt wurde der Wissenschaftler als Mitbegründer des Cradle-to-Cradle-Konzepts, in dem für eine konsequente Kreislaufwirtschaft plädiert wird. Braungart ist mit der Politikerin und Mitbegründerin von Greenpeace Deutschland, Monika Griefahn, verheiratet. „Kreislaufwirtschaft ist Wirtschaften im Kreis“, dozierte er in Neumünster. „Dinge müssen so gemacht werden, damit sie biologisch nützlich sind.“ Ein Grund, weshalb der Wissenschaftler kein Freund von Recycling ist: „Wenn Sie Recyclinganteil von Alltagsprodukten erhöhen, machen sie das falsche nur besser“, argumentierte Braungart.  Als ein Beispiel, das die Defizite von Recycling zeige, nannte er das Mobiltelefon, das 41 Elemente enthalte, von denen aber nur neun wiederverwertet würden.  

Braungart appellierte an die Kongressbesucher, bei der Produktion von Heimtiernahrung vom Fleisch wegzukommen und stattdessen auf proteinreiche Rohstoffe wie Pilze und Algen zu setzen. Für wichtig hält er bei der Umgestaltung der Wirtschaftskreisläufe die Kunden von Anfang mitzunehmen. „Von ihnen können Sie wichtige Anregungen bekommen.“

Roundtable Petfood, Prof. Dr. Michael Braungart
Provokant, lebhaft und aufrüttelnd war der Eingangsvortrag von Prof. Dr. Michael Braungart zu dem von ihm mitentwickelten Cradle-to-Cradle-Konzept. 

„Die beste Alternative“

Wie grün ist die Dose? fragte Robert Hukshorn, Segment Director Food for Pets bei Trivium Packaging, und gab in seinem Vortrag auch die Antwort darauf: „Perfekt ist die Dose nicht, aber sie ist die beste Alternative.“ In punkto Haltbarkeit, Recyclingfähigkeit, aber auch bei Entsorgungsgebühren sei die Dose anderen Verpackungsformen deutlich überlegen. In seinem Vortrag, aber auch in der anschließenden Diskussion wurde allerdings deutlich, dass die Dose noch besser werden muss. Stichwort Innenbeschichtung: Wie Lacke vom Metall getrennt werden können, um getrennt wiederverwertet werden zu können, dazu gäbe es noch keine befriedigende Lösung, wurde betont. Auch der hohe Energieverbrauch bei der Dosenherstellung wurde von einem Besucher angesprochen. Mittel- bis langfristig sieht Hukshorn dennoch großes Potenzial für die Dose, vor allem zur Verpackung von Einzelportionen, die bei Hunde- und Katzennahrung immer relevanter würden und derzeit vor allem in Kunststoffverpackungen angeboten werden.

Perfekt ist die Dose nicht, aber sie ist die beste Alternative.
Prof. Dr. Michael Braungart, Professor für Eco-Design an der Leuphana-Universität in Lüneburg

Achterbahn auf den Rohstoffmärkten

Andreas Stein, Sales Director Europe bei der Firma Euroduna, ging auf die sprunghafte und schwer kalkulierbare Situation an den Rohstoffmärkten ein. Euroduna ist ein weltweit tätiger Vertreiber von tierischen und pflanzlichen Zusatzstoffen für die Heimtiernahrung. Er betonte, dass auf dem Futtermittelmarkt das Segment Heimtiernahrung in den zurückliegenden Jahren das einzige mit Wachstum gewesen sei. Daran wird sich seiner Meinung nach auch in den kommenden Jahren nichts ändern: „Der Petfood-Markt wird weiterwachsen“, lautete sein Fazit, „Wie und wo? Das ist unklar.“ Stein rechnet auch in nächster Zeit mit einer hohen Inflation, mit einem sinkenden Rohwarenangebot und hohen VK-Preisen.

Roundtable Petfood, Madebymade
Kai Hempel (rechts) und Richard Paulsen stellten ihre Firma Madebymade vor.

Chancen von Insektenprotein

Um Rohwaren, speziell um Insektenproteine, ging es in den Vorträgen von Kai Hempel und Richard Paulsen von der 2017 gegründeten Firma Madebymade, die sich in nur wenigen Jahren zum, eigenen Angaben zufolge, größten Insektenzüchter Deutschlands entwickelt hat. Ausführlich schilderten sie die Prozesse von der Zucht bis zur Schlachtung in ihrem Betrieb, der sich in Pegau befindet. Als wichtigste Vorzüge von Insektenprotein für die Herstellung von Heimtiernahrungsprodukten nannten sie die Verwertung von organischen Reststoffen, die ressourcenschonende Produktionsweise und die Vielzahl an Anwendungsmöglichkeiten. Hinzu kommt, dass für die Herstellung von Insektenprotein im Unterschied zu herkömmlichen Proteinquellen keine fruchtbaren Böden benötigt werden. Was die Akzeptanz von Heimtiernahrungsprodukten betrifft, sehen die beiden Unternehmer positive Anzeichen. So sei die mediale und industrielle Aufmerksamkeit in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Auch die Akteure in der Lieferkette positionieren sich allmählich. Dennoch seien noch zahlreiche Herausforderungen zu bewältigen, zu denen etwa die verfügbare Menge am Markt und der Zugang zu mehr Reststoffen gehöre. Prof. Dr. Jürgen Zentek, renommierter Wissenschaftler an der Freien Universität Berlin, bewertete Insektenprotein ernährungsphysiologisch und kam zu dem Ergebnis, dass darin großes Zukunftspotenzial liege. Vor einer abschließenden Bewertung von Insektenprotein hält er es allerdings für notwendig, noch weiteres Grundlagenwissen zur Produktion, zu möglichen Allergien bei Hunden und zu Langzeiteffekten für die Gesundheit von Heimtieren zu sammeln (weiterer Bericht auf Seite 28).

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