Fressnapf erfindet sich neu

"Wer im Handel keine Antwort auf die Digitalisierung hat und nicht sein Filialsystem entwickelt, wird Probleme bekommen", erklärte der Fressnapf-Chef auf der Jahrespressekonferenz 2014 des Unternehmens. Um für die Zukunft gewappnet zu sein, hat die Handelsgruppe schon ein Jahr zuvor den Startschuss für die so genannte Challenge 2020 gegeben. 

Dafür will das Unternehmen über 30 Mio. € investieren. Mit dem Projekt "Compass" und der SAP-Einführung beabsichtigt die Handelsgruppe, die Voraussetzungen für den Schritt zum reinen und internationalen Cross-Channel-Unternehmen zu schaffen. Alle Kassen in den deutschen Märkten wurden im vergangenen Jahr auf die GK-Software umgestellt - eine wichtige Voraussetzung für kanalübergreifende Prozesse. "Alle Marketing- und Vertriebswege werden künftig integrativ bedient", betont Torsten Toeller gegenüber pet. Die Abstimmung sämtlicher Aktivitäten im stationären Handel und Online-Shop soll Fressnapf in die Lage versetzen, schrittweise Kundenwissen aufzubauen (CRM), um passgenaue Lösungen anbieten zu können. 
Fressnapf stellt sich neu auf. Was auch heißt, dass die Zeiten unbegrenzter Expansion erst einmal zu Ende sind. Neue Länder sollen auf absehbare Zeit nicht angegangen werden. Vielmehr soll die Marktposition in den zwölf Ländern, in denen die Handelsgruppe bereits vertreten ist, verstärkt werden. Fressnapf strebe im In- und Ausland vor allem nach profitablem Wachstum, stellt das Unternehmen klar. Vom "geilsten Fachdiscounter", den Fressnapf über Jahre hinweg symbolisierte, ist schon längst nicht mehr die Rede, wenn auch die Jubi­läumsangebote in diesem Jahr Teil der "aggressivsten Kampagne" sind, die Fressnapf je gefahren ist. Selbst über eine Aufholjagd beim E-Commerce, um den Vorsprung der Zooplus AG als Europas führendem Online-­Shop für Heimtierprodukte wettzumachen, wird nicht mehr gesprochen. Der Anspruch, den Online-Shop "als sinnvolle Ergänzung und zur Stärkung der stationären Kernkompetenz" laufen zu lassen, klingt schon fast bescheiden.

"Wir wollen zum kompetentesten Tierversteher mit Herz werden", gibt Torsten Toeller als neue Parole aus. Dahinter steht die Erkenntnis, dass es im Internet-Zeitalter nicht mehr ausreicht, ein umfangreiches Produktsortiment zu günstigen Preisen anzubieten. Fressnapf strebt deshalb in seinen Märkten noch mehr Erlebnis und vor allem mehr Serviceleistungen an. Der Fressnapf-Gründer denkt an Kooperationen mit Hundefriseuren und Tierärzten. Auch eine Tagesbetreuung für Hunde, die in Zusammenarbeit mit Hundehotels angeboten wird, kann sich Torsten Toeller gut vorstellen. Um die neue Linie von Fressnapf besser kommunizieren zu können, hat sich das Unternehmen sogar einen neuen Slogan verpasst: "Happier pets - Happier people". Auf gut Deutsch: "Wir geben alles dafür, das Zusammenleben von Mensch und Tier einfacher, besser und glücklicher zu machen." 
Durch die Zugehörigkeit zum Payback-System, geplant für die zweite Jahreshälfte, will die Handelsgruppe ihr Wissen über die Bedürfnisse der Kun­den noch deutlich ausbauen. Auch intern hat Fressnapf einiges umgestellt. Torsten Toeller: "Die Zusammenführung insbesondere der Bereiche E-Commerce und Marketing zu einem neuen Cross-Channel-Marketing symbolisiert unseren struk­turellen Wandel zum echten Cross-Channel-Händler."
Zum Maßnahmenkatalog, den Fressnapf derzeit abarbeitet, zählen auch die Eröffnung eines halbautomatisierten Kleintierlagers am Firmensitz und die Errichtung eines weiteren Regional­lagers, voraussichtlich im Raum Hannover. Auch für den internationalen Bereich plant Fressnapf neue Distributionsnetzwerke.

Ist die Online- und Cross-Channel-Plattform erst einmal geschaffen, soll in den kommenden Jahren dann Schritt für Schritt die Internationalisierung erfolgen. "Der Schwerpunkt liegt hier ganz klar darauf, den Nutzen für unsere Kunden zu erhöhen und dabei profitabel mit dem Online-Geschäft in den Ländern zu wachsen", erklärt Torsten Toeller.